Gigantisch sind die spekulativen Summen, die auf den Märkten vorhanden sind und mit der realen Wirtschaft nichts mehr zu tun haben. Eine Parallelwelt hat sich in den letzten Jahrzehnten gebildet. Computernetzwerke schicken Geldströme rund um den Globus, in der Schulden von einem ins andere Land verschoben werden, in der sich Schattenbanken breit machen und keine Buchhaltung durchschaubar ist, so dass überall Mistrauen wuchert. Das ganze Gebaren ist mit einem Schneeball-System vergleichbar. Die Billionen in der Parallelwelt vermehren sich so, dass spekulative Blasen folgen.
Sie streben nach einer Rendite, die auf realen Warenmärkten nicht erreichbar ist und lenken so immer mehr Kapital in die Finanzmärkte.
Die Banken erfinden deshalb immer neue Bankprodukte, die undurchschaubar und hoch riskant sind.
Mit Ausnahme der Sparkassen und Volks- und Reifeisenbanken wirtschaften die Banken mangelhaft unkontrolliert und mit unzureichendem Eigenkapital.
Die Finanzmärkte sind intransparent und die Risiken oft unbekannt.
Die Konzentration auf den Finanzmärkten hat Großbanken geschaffen, die systembedrohend sind.
Staatsschulden haben das Finanzsystem monströs aufgebläht.
Die Computerisierung der Märkte fördert das Herdenverhalten.
Die Vernetzung der Finanzmärkte über Derivate führt zu einer Synchronisierung der Märkte, das parallele Auf und Ab verstärkt die Krisengefahr.
Die Finanzmärkte widersetzen sich einer verstärkten Regulierung und weichen in ein Schattenbankensytem aus.
Die Finanzmärkte untergraben Marktwirtschaft und Demokratie.
In Sachen Euro-Krise / Staatsschulden fordern die „Märkte\":
Die Privatsektorbeteiligung in Griechenland müsste vom Tisch.
Die Banklizenz für den Stabilitätsmechanismus müsste her.
Die Europäische Zentralbank müsste die Funktion eines Käufers der letzten Instanz bekommen.
Und dann bräuchte man noch eine echte Fiskalunion mit Euro-Bonds obendrauf.
Das heißt: Der Markt wäre für einige Zeit beruhigt. Die Probleme schlummern aber weiter, so dass in einiger Zeit alles wieder von vorne anfängt. Da Währungsabwertungen und die Notenpresse als Optionen ausfallen (Problem Einheitswährung), können die Probleme in der Eurozone nur durch eine Umwandlung in eine Transferunion oder durch den Bruch der Währungsgemeinschaft gelöst werden. Die Haftungsrisiken für Deutschland steigen ins unermessliche. Schon jetzt hat die EZB Risiken in Höhe von über 700 Mrd. € in ihrem Portefeuille. Die Zinsen von Euro-Bonds für Bund, Länder und Kommunen steigen und damit einhergehend steigt der Schuldenpegel im Land und in den Kommunen.
In 2012 kommt das Schneeball-System richtig ins rollen:
Der Internationale Währungsfonds und die OECD sehen einen Einbruch der Weltkonjunktur im Jahre 2012 voraus. Bedingt durch die nötigen Sparzwänge (Schuldenbremse) in den Euro-Ländern wird die wirtschaftliche Dynamik nachlassen und zu einem Wirtschaftsabschwung in Europa und zu einer Abschwächung des Wirtschaftswachstums weltweit führen. Die Sparprogramme gehen voll zu Lasten der eigenen Bevölkerung. Anstatt die Staatshaushalte durch eine Ankurbelung der Wirtschaft zu entlasten und die Steuereinnahmen zu erhöhen, wird die Nachfrage abgewürgt, was zu einem Schrumpfen der Wirtschaft und der Steuereinnahmen führt. Die Eurokrise wird durch diese Programme nicht gelöst, sondern verschärft. Auch im neuen Jahr befindet sich Europa immer noch in einer Sackgasse. Man hat sich jedoch entschlossen, nun das Gaspedal noch weiter durchzudrücken. Viele Gründe mehr, die Gläubiger an einem Schuldenschnitt zu beteiligen.
Die Banken Europas müssen 725 Mrd. €, davon im 1. Quartal 280 Mrd. €, zurückzahlen. Die Banken trauen sich selbst untereinander nicht mehr. Daher hilft ihnen die EZB mit frischem Geld zu Minizinsen, soviel sie wollen. Staatsanleihen sind im privaten Anleihe-Markt nur noch für Länder mit guten Ratings vermittelbar.
Italien muss über 300 Mrd. € neue Staatsschulden aufnehmen, um alte abzulösen. Da es faktisch keine Käufer (Ausnahme EZB) für italienische Staatsanleihen mehr gibt und um den Anleihezinssatz zu drücken, muss die EZB diese in ihre Bücher nehmen und wird damit Staatsfinanzierer. Andere hochverschuldete Euro-Länder dürfen diesen „Service der EZB\" ebenfalls in Anspruch nehmen. Inzwischen hat die EZB über 211 Mrd. € aus Euro-Ländern in ihren Büchern und beeinflusst damit mittelfristig immer mehr die Preis- und Finanzstabilität. Z. Z. versucht die EZB den Anleihezins für Italien unter die 7%-Marke zu drücken. Das heißt: Ein Investor würde eine italenische Anleihe zu einem Prozentsatz von unter 7% zeichnen und geht ein unverhältnismäßig grosses Risiko ein, da der Zinssatz nicht dem wirklichem Risiko entspricht. Auch desshalb werden Investoren diese Staatsanleihen meiden.
Die „Rettungsschirme\" mit Hebelwirkung (bis 1 Bill. €) funktionieren nicht. Eine 20% - Garantie schafft kein Vertrauen, wenn das Risiko noch 80% beträgt. Staatsanleihen sind eben nicht mehr sicher!
Alte Schulden werden mit neuen bezahlt. An Tilgung der Altschulden wird selbst in guten wirtschaftlichen Zeiten nicht gedacht. Die Haftungsrisiken für Deutschland werden immer gewaltiger. Bei Haftungsausfall anderer Euro-Länder kommen weitere entsprechende Haftungsrisiken hinzu.
Das Schneeball-System funktioniert nur so lange, wie der Geldgeber dem Schuldner vertraut. Ist das Vertrauen dahin, ist das System am Ende. Dann gibt es nur noch zwei Alternativen für die Euro-Zone: Die Umwandlung in eine Transferunion oder den Bruch der Währungsgemeinschaft.
Solange die Politik unter dem massiven Druck der privaten Bankenlobby und der von ihr geprägten veröffentlichten Meinung steht, sich zum Büttel der Finanzindustrie machen lässt oder wie etwa bei der IKB von den Privatbanken zum Schrottabladeplatz für faule Kredite missbrauchen lässt, rollt das Schneeball-System weiter. Die Finanzindustrie schiebt die Politik als Schutzschild vor sich her, und wenn es schief geht, ist der Schutzschild schuld und eben nicht der Schildträger. Es ist ein Trauerspiel, dass sich die Politik (der Staat) so vorführen lässt.
Bund, Länder und Kommunen nehmen nur noch in geringerem Maße Kredite für Investitionen auf. Der weitaus größere Teil der Neuschulden wird für den laufenden „Betrieb\" aufgenommen. Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen.
Als Wählergemeinschaft sind wir auch FREIE WÄHLER. Diese kandidieren auf Europa- / Bundes- / und Länderebene. Alles hängt mit allem zusammen. Daher hat gerade die Euro- und Staatsschuldenkrise auch signifikante Auswirkungen auf die Kommunen.
Die FREIEN WÄHLER bekennen sich zu einem Europa der Regionen und nicht zu einem Europa der Banken und Spekulanten. Die FREIEN WÄHLER lehnen deshalb die derzeitige Politik ab, die weitere Verschuldung befördert und Investmentbanken nützt, aber unseren Wohlstand, unsere Altersvorsorge und die Zukunft unserer Kinder zunehmend in Gefahr bringt.
Aus meiner Sicht müssen daher folgende Lösungswege angestrebt werden:
Die Missachtung des Rechts muss aufhören. Artikel 125 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) schließt die Haftung sowohl der Europäischen Union als auch einzelner Mitgliedsstaaten für die Verbindlichkeiten eines anderen Mitgliedsstaats und seiner Untergliederungen aus. Die derzeitigen Hilfsaktionen sind mit dieser Vorschrift nicht vereinbar. Hier müsste der Bundestag und das europäische Parlament die Einhaltung des Rechts erzwingen.
Ein Schuldenschnitt mit Gläubigerbeteiligung (Staatsbankrott) und Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone ist unbedingt erforderlich. Nur so kann ein Neustart Griechenlands gelingen. Ein Verbleiben in der Euro-Zone ist nur in einer Transferunion möglich. Gleiches gilt auch für andere gefährdete Euro-Länder.
Eine Entschuldung via Inflation funktioniert nur bei Altschulden. Bei Neuschulden steigen die Zinssätze mit und die Neuverschuldung geht weiter. Hinzu kommt, der Bürger wird teilweise enteignet und Inflation ist nicht steuerbar. Eine Weginflationierung von Staatsschulden lehnen wir daher ab.
Der Staat muss seine Einnahmen vergrößern. Die Erbschaftssteuer muss für große Vermögen (ab 5 Mio.) signifikant angehoben werden. Das MwSt-System muss umgestaltet werden: Medikamente und Nahrung = 7%. Alles Andere = 19%.
Der Staat senkt seine Ausgaben indem er seine Leistungen einschränkt. Wenn die Schuldenbremse funktionieren soll, müssen Bund, Länder und Kommunen ohnehin ihre Ausgaben vermindern.
Wirtschaftswachstum wäre zwar der beste Weg aus der Schuldenfalle, aber ist das in Deutschland mit seiner alternden und schrumpfenden Bevölkerung möglich? Daher muss in immer größerem Maße der Staat die Rolle des Wachstumsmotors übernehmen. Der Staat nimmt Investitions-Kredite auf und versucht mit zusätzlicher Wertschöpfung Staatsschulden abzubauen.
Alle Schulden aus Bund, Ländern und Kommunen werden in einem „Entschuldungsfond\" übertragen. Mit einem Teil des Steueraufkommens werden die Schulden nach und nach abgebaut.
Trennung der Banken in Publikums- und Investmentbanken.
Einführung einer Transaktionssteuer, wo immer es möglich ist.
Erhöhung des haftenden Eigenkapitals auf mind. 10 %.
Regulierung der Finanzmärkte und Verbot von Leerverkäufen überall dort, wo es möglich ist.
Entledigung der Staatsschulden, die das Finanzsystem monströs aufgebläht haben.
Alle Beteiligungen müssen in die Bilanzen eingestellt werden.
Jeder Euro-Staat muss eine Schuldenbremse in seiner Verfassung verankern.
Ist ein Schuldenschnitt erforderlich, sollen die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Nur so funktioniert der Markt!
Klaus-Peter Voigt
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